
Meine Sammlung enthält ca. ein dutzend Widersprüche, die es erschweren, Mitarbeiter und Führungskräfte nachhaltig zu sensibilisieren. Heute der dritte Beitrag:
Unternehmen und Sicherheitsexperten suchen für Arbeitsschutzprobleme nach einer Generallösung, die für alle Situationen immer gültig ist, damit das Problem ein für alle Mal vom Tisch ist und nicht immer wieder zur Entscheidung gestellt werden muss. Diese muss zudem auf Sicht beobachtbar sein. (Also z.B. Schutzbrillentragepflicht für alle, immer! Keine Ausnahmen!). Nicht zuletzt aufgrund einfacher Kontrollierbarkeit steht der Arbeitsschutz in der Tradition immer eine Lösung als die einzig richtige zu akzeptieren (Handlauf anfassen ist gut. Nicht anfassen ist böse). Aus wahrscheinlich hunderten von sicheren Techniken wird vom Unternehmen eine einzige akzeptierte vorgegeben.
Mitarbeiter, die gelernt haben, dass es für jedes Problem immer mehrere Lösungen gibt, dürfen nicht selbst entscheiden (…wie sie z.B. eine Treppe begehen). Wer sich gegängelt fühlt, hält sein Wissen zurück („Soll ich nun Mitdenken oder nicht?“). Im wirklichen Leben steht in der Regel ein ganzes Bündel von Lösungen zur Verfügung, aus denen je nach Umstand ausgewählt wird.
Arbeitsprozesse sind in den letzten Jahren immer komplexer geworden. Je vernetzter die Systeme werden, desto weniger sind eindimensionale Lösungen zielführend.
Die Entscheidung zu eindimensionalen Maßnahmenbeschlüssen wird der Abteilung Arbeitsschutz unterstellt (kein gutes Image). Kann ein Lösungsansatz darin liegen, zukünftig statt eindimensionale Vorgaben, Korridore zu definieren, die Entscheidungsspielräume beinhalten?



Die Präsentation von Themen der Sicherheit und Gesundheit wird von einem Großteil der Mitarbeiter als belastend, langweilig und trocken empfunden. Daraus wird der Schluss gezogen, dass die Mitarbeiter gleichgültig mit sich umgehen – nicht WOLLEN.
Immer häufiger lautet die Forderung von Führungskräften: „Mitarbeiter sollten doch wieder mehr Eigenverantwortung übernehmen.“ Mehr Eigenverantwortung jedes Mitarbeiters erfordert die Übertragung von Verantwortung. Das wiederum heißt, jemand anderes muss Verantwortung abgeben. Damit geht aber auch Steuerung und Kontrolle verloren (Ist das gewollt? Wer traut sich das?).
Seit Jahren wird die Managementmaxime kommuniziert, dass das Wissen und Können der Mitarbeiter beständig eingeworben werden muss, um es für das Unternehmen nutzbar zu machen. Dabei kommt das große Wort der „Wertschätzung“ in Spiel. Die Wertschätzung gegenüber untergeordneten Hierarchien hat etwas mit dem Menschen- und Weltbild der Führungskräfte und des Managements zu tun. Das vorhandene Weltbild ist geprägt durch die jeweilige Sozialisation und die Berufsbiografie. Wertschätzung zu verändern oder besser: zu entwickeln ist ein Prozess, der nicht auf Anweisung erfolgen kann.